Die Nordsee
Ein Natur- und Wirtschaftsraum

Geographie - Lage / Aufbau

Die Nordsee ist ein Neben- bzw. Randmeer des Atlantischen Ozeans, sie zählt zu den größten Randmeeren der Erde. Sie liegt zwischen den britischen Inseln im Westen, Skandinavien und Jütland im Osten, dem norddeutsch-niederländisch-belgischen Flachland im Süden und den norwegischen Fjorden im Norden.

Über die Straße von Dover und den Ärmelkanal geht sie in den Atlantik über; das Skagerrak sowie das Kattegat bilden die Verbindung zur Ostsee.

Die Anrainerstaaten sind Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Belgien, Frankreich und Großbritannien. Die wichtigsten Zuflüsse vom Festland her sind die Schelde, die Maas, der Rhein, die Ems, die Weser und die Elbe, sowie die Themse.

Die Fläche der Nordsee beträgt in etwa 575 000 km². Von Westen nach Osten erstreckt sie sich über eine maximale Länge von 645 km und von Norden nach Süden beträgt diese maximal 965 km.

Der Boden der Nordsee, welcher mit Sand und Schlick bedeckt ist (vereinzelt sind auch Steingründe vorhanden) sinkt beinahe stetig von Süden nach Norden ab. Es herrscht eine mittlere Tiefe von etwa 94 m; außer an der „Norwegischen Rinne“ (parallel zur Küste Norwegens)  wo die Nordsee mit 725 m ihre tiefste Stelle hat, handelt es sich um ein flaches Schelfmeer, dass eine Tiefe von 200 m nicht überschreitet. Erwähnenswert ist unter anderem die flache „Doggerbank“ (Sandbank), die sich über eine Länge von 300 km im mittleren Teil der Nordsee von Westen nach Osten erstreckt, in seichteren Gebieten weist diese nur eine Tiefe von etwa 13 m auf.

Karte: Die Nordsee
(Quelle: http://de.wikipedia.org)

Geologie - Entstehung / Entwicklung

Die Nordsee ist nach geologischer Zeitrechnung und vor allen Dingen im Vergleich zur Ostsee verhältnismäßig alt.

Vor etwa 350 Mio. Jahren, zur Zeit des Paläozoikums, genauer im Karbon, war der heutige Grund der Nordsee noch Festland. Die Besiedlung durch Pflanzen und Tiere begann. Über das damalige tropische Sumpf- und Feuchtgebiet erstreckten sich gigantische Farn- und Schachtelwälder die nach ihrem Absterben mit Schlamm bedeckt und stark komprimiert wurden, daraus entstanden große Kohlelager. Zu dieser Zeit lag die Nordsee noch etwa 2° südlich des Äquators.

Anschließend im Perm, vor etwa 240 Mio. Jahren, sank der Boden allmählich ab und das Sumpfgebiert wurde überflutet. Dies gilt als die eigentliche Geburtsstunde der Nordsee. Sie war bis zu  20° nördlicher Breite gewandert. Das Klima entsprach dem des Persischen Golfes, daher verdunstete viel des Wassers, welches dann aber wieder über den Atlantik ersetzt wurde. Dieser Vorgang führte zu einer starken Anreicherung von Meersalz, sowie einer Ablagerung von Mineralsalzstöcken. Diese Mineralsalzvorkommen waren ausschlaggebend für die Entstehung der chemischen Industrie im 19. Jahrhundert, sowie für die Gewinnung von Erdgas im 20. Jahrhundert.

Im Mesozoikum, genauer im Jura, vor etwa 168 Mio. Jahren  hob sich das Land, infolgedessen entstand ein regelrechtes Meeres- und Deltalabyrinth. Ca. 50 Mio. Jahre später, im Kreidezeitalter, befand sich die Nordsee zwischen Landmassen isoliert. Es kam im weitern Verlauf zu einem Meeresspiegelanstieg, woraufhin fast ganz Nordwesteuropa überflutet wurde.

Nun kam das Känozoikum. Im Tertiär erreichte die Nordsee auf ihrem Drift gen Norden in etwa ihre heutige Lage, 40° nördlicher Breite. Auch entwickelte sich die gegenwärtige Verbindung zum Atlantik, einhergehend mir einer Landsenkung im Norden und einer Landhebung im Süden. Im Quartär, vor etwa 2 Mio. Jahren, folgten die Eiszeiten. Während der Eiszeiten waren weite Teile der heutigen Nordsee  noch nicht wasserbedeckt. Ende der letzten Eiszeit stellte die Doggerbank eine Art südliche Grenze der damaligen Nordsee dar. Dann etwa vor 8000 Jahren wurde auch das Gebiet südlich der Doggerbank überflutet, welche aber selbst noch lange als Insel dalag. Auch die Friesischen Inseln waren ursprünglich ein geschlossener Dünengürtel.

Hydrologie - Wassertemperatur / Salzgehalt

Die Wassermassen der Nordsee haben ein Volumen von etwa 47 000 km³. Die im Norden vom Atlantik her eindringenden Wassermassen prägen den Jahresverlauf von Wassertemperatur und Salzgehalt ausschlaggebend.

So ist dort wo die Wassermassen eindringen, also im Norden,  der Salzgehalt wesentlich höher als im Süden.

Die Oberflächentemperatur im Sommer liegt in südlichen Teilen der Nordsee bei etwa 17°C und gen Norden sinkt diese auf etwa 13°C. Zum Winter hin wechselt diese Verteilung. Denn dann führt das relativ warme Atlantikwasser dazu, dass es im Norden mit etwa 6°C deutlich wärmer ist als im Bereich der südlichen Nordsee mit etwa 2°C. Die Nordsee weist einen großen Wärmevorrat auf, so kommt es lediglich im Bereich des Wattenmeers (südlich) im Winter zur Bildung von Treibeis oder in Extremfällen auch Festeis.

Flora und Fauna

Der Atlantik brachte mit seinen warmen Strömungen unzählige Organismen mit sich. Zusammen mit den natürlichen Gegebenheiten der Nordsee, also den starken Gezeiten, den großen algenreichen Flachwasserbereichen, dem Strukturreichtum, sowie dem großen Nährstoffvorrat,  entstand ein hochkomplexes Ökosystem, dass den unterschiedlichsten Lebensformen– und gemeinschaften Siedlungsraum bot. Dazu gehören unter anderem: Fische, Vögel, Wal, Robben, Wirbellose und große Tangwälder. Anzumerken ist, dass in der Nordsee das größte und artenreichste Wattenmeer der Welt liegt.

Wirtschaft

Infolge der reichen Fischgründe, wozu unter anderem die Doggerbank zählt, hat die Nordsee, hinsichtlich der Fischerei, große wirtschaftliche Bedeutung für die Anrainerstaaten. Hinzu kommt die Entdeckung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten in den sechziger Jahren, die insbesondere die Entwicklung der norwegischen Wirtschaft begünstigte. Des weiteren ist die Nordsee eines der verkehrsreichsten Meere. Einige für den Warenumschlag sehr bedeutende europäische Seehäfen liegen an der Nordseeküste. Hierzu gehören die Häfen von Rotterdam, Amsterdam, Bremerhaven, London, Antwerpen und Hamburg. Und zuletzt spielt auch der Tourismus heutzutage eine große  wirtschaftliche Rolle an der Nordsee. Immer mehr Erholungssuchende zieht es an die Nordsee zu den zahlreichen Seebädern und heilklimatischen Kurorten.

Folgen der wirtschaftlichen Nutzung eines Naturraums

Aufgrund der starken menschlichen bzw. wirtschaftlichen Nutzung gehört die Nordsee zu den am stärksten belasteten Meeresgebieten. Trotz Anstrengungen bei der Überwachung, der Diagnose (z. B. Nordseeschutzkonferenzen der acht Anliegerstaaten 1984, 1987 und 1990) und Gegenmaßnahmen (z. B. Einstellung der Dünnsäureverklappung durch deutsche Unternehmen zum Jahresende 1989) besteht ein bedrohlicher Zustand der Meeresverschmutzung, der sich in katastrophalen Algenblüten, Fischkrankheiten und Robbensterben äußert.

Quellenverzeichnis

Literatur

Maier, D.: Die Nordsee: Inseln, Küsten, Land und Leute, Herbig Verlag, München/Berlin 1994.

MacGarvin, M.: Das Greenpeace-Buch der Nordsee, Franckh-Kosmos, Stuttgart 1991.

Hanewald, R.: Nordseeküste Niedersachsens, Reise Know-How Verlag Peter Rump, Bielefeld 2004.

Lingen, H.: Artikel Nordsee, Lingen Lexikon, Lingen-Verlag, Köln 1974.

Internet

Meyers Lexikon: Nordsee

Encarta Encyclopedia: Nordsee

Wikipedia: Nordsee

Ospar Comission: Artikel zur Nordsee (auf englisch)

Geoberg: Geologie der deutschen Nordseeküste

 

Fachbegriffe

Skagerrak: Meerenge zwischen der Südküste von Norwegen und der Halbinsel Jütland in Dänemark.

Kattegat: Meerenge zwischen der Westküste Schwedens und der Ostküste der Halbinsel Jütland in Dänemark.

Schelf (auch Festlandssockel): Bezeichnung für den flachen, küstennahen Meeresboden, der bis zu 200 Meter unter dem Meeresspiegel liegt.

Dünnsäureverklappung: Versenkung von Abfallstoffen, genauer: Flüssigabfällen, bestehend aus Titandioxid und Farbstoffen, die bis zu einem Gewichtsanteil von 24% Schwefelsäure enthalten

Algenblüten: eine plötzliche, massenhafte Vermehrung von Algen. Durch die Algenblüte färbt sich die Wasseroberfläche grün, in besonderen Fällen auch blau oder rot, das Wasser wird trüb