Das Watt - Entstehung und Naturraum
Als Watt bezeichnet man den bei Niedrigwasser (niedrigster Wasserstand) trockenfallenden Boden der Gezeitenküste eines Wattenmeeres. Die Wattenlandschaft besteht aus Ablagerungen von Sand und Schlick, welche die Nordsee im Wechsel von Ebbe und Flut zweimal täglich überschwemmt und trockenfallen lässt. Das Wasser kommt und geht über ein fein verästeltes System von Rinnen und Prielen, gleichsam den Lebensadern des Watts. Sie setzten sich in die angrenzenden Salzwiesen fort, die unregelmäßig überschwemmt werden.
Priel (Quelle: http://de.wikipedia.org)
Wegen ihrer ökologischen Bedeutung wurden die deutschen Wattengebiete zum Schutzgebiet erklärt (»Nationalpark Wattenmeer« in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg).
Vorkommen
Wattenmeere findet man an vielen Orten der Welt.
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- an der Nordsee - am Ärmelkanal - an der irischen See |
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- an der nordafrikanischen
Atlantikküste |
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- an der Atlantikküste - an der Pazifikküste |
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Das Wattenmeer der niederländischen, deutschen und dänischen Nordseeküste erstreckt sich über eine Küstenlänge von etwa 450 km. Am Deich oder Strand beginnend ist es im Schnitt 7 bis 10 km breit und liegt wie ein Gürtel zwischen Land und offener Nordsee. Etwa 4500 Quadratkilometer groß, ist es somit das größte zusammenhängende Wattengebiet der Erde.
Entstehung
Die Entstehung von Wattenmeeren ist an bestimmte Bedingungen geknüpft:
Der Meeresboden muss flach abfallen. Steilküsten kommen nicht in Frage. Das feine Material, das das Meer mit sich führt kann sich gut absetzen. (Die Nordsee ist ein küstennahes Flach- oder Schelfmeer. Das Schelf ist der überflutete Kontinentalsockel. Die Bedingung „Flachküste“ ist also bestens erfüllt.)
Das Hinterland muss ebenfalls flach sein, damit die Flüsse nicht zu grobes, sondern schon sehr feines Material herbeiführen, das sich absetzten kann. (Hinter der Nordseeküste liegt das norddeutsche Flachland.)
Große Flüsse müssen vorhanden sein, die Feinmaterial herantransportieren.
(An der deutschen Nordseeküste sind es Elbe, Weser, Jade, Ems, in Holland
Rhein und Maas.)
Genügend Sediment muss herangeführt werden. Dies wird für die Aufschichtung der Watt- und Vorlandflächen benötigt. Das vorhandene Material genügt sogar zur Ausbildung von Düneninseln und Ketten von Küstendünen.
Der Tidenhub muss mehr als 1,50 m betragen, so dass genügend große Strömungen das Material heranbringen und dann auf großer Fläche verteilen. Der Tidenhub darf aber auch nicht zu groß sein.
Die Küste muss sich allmählich absenken, z.B. durch tektonische Bewegungen der Erdkruste. (Dies ist an der Nordseeküste gegeben.) Ohne diese Absenkung könnten nicht immer neue Schichten aufgetragen werden.
Standwälle, Sandbänke oder Inseln bilden einen Schutz gegen die vom offenen Meer her kommende Brandung. Würden diese Wellenbrecher fehlen, so würden die entstandenen Sedimente leicht wieder abgetragen werden.
Nur in gemäßigtem Klima kann sich ein solches Watt ausbilden. Unter sonst ähnlichen Bedingungen entstehen in den Tropen Mangrovenwälder.
Verschiedene Wattarten
Durch das Rinnensystem verteilen sich die Korngrößen des Sandes auf eine bestimmte Art.
In Großrinnen und Seegats findet man viele Muschelschalen, Steine und Muschelbänke auf grobem Sand. Je weiter man sich von den Rinnen entfernt, desto geringer werden die Strömungen (die Priele werden flacher und kleiner). D.h. die großen Brocken können nicht mehr transportiert werden und somit wird der Sand immer weicher, da immer kleinere Partikel abgelagert werden.
Dieser Vorgang führt zur Aufteilung in drei verschiedene Wattarten:
1. Sandwatt
Ein Großteil des Watts besteht aus dem Sandwatt. Aufgrund der starken Wasserbewegung lagern sich hier nur grobkörnige Partikel mit einer durchschnittlichen Korngröße von über 0,1 mm ab.
Sandwattgebiete treten also meistens in de Nähe von Prielen und Seegats auf. Typisch für sie ist eine Rippelstruktur der Oberfläche und eine gute Begehbarkeit.
Sandwatt (Quelle: Ökosystem Wattenmeer - Uni Düsseldorf)
2. Schlickwatt
Hier wird aufgrund einer geringeren Bewegungsenergie des Wassers feines Sedimentationsmaterial (Schlick) mit einer durchschnittlichen Korngröße von weniger als 0,06 mm abgelagert.
Dies ist in der Regel in Landnähe der Fall. Das Schlickwatt besitzt meist eine glatte wasserglänzende Oberfläche und gilt als schlecht begehbar.
Schlickwatt (Quelle: Ökosystem Wattenmeer - Uni Düsseldorf)
3. Mischwatt
Das Mischwatt stellt das Übergangsgebiet zwischen dem Schlickwatt und dem Sandwatt dar. Seine durchschnittliche Korngröße liegt deshalb zwischen 0,1 mm und 0,06 mm.
Mischwatt (Quelle: Ökosystem Wattenmeer - Uni Düsseldorf)
Salzwiesen
Salzwiesen liegen zwischen dem Festland und dem Meer. Sie sind der bedrohteste Teillebensraum im Watt. Küstenschutz (z.B. Deichbau), Landwirtschaft und Tourismus gefährden die Existenz dieses Lebensraums.
Obwohl die Salzwiesen bereits über der Hochwasserlinie liegen, werden sie im Winterhalbjahr und bei Sturmfluten von Salzwasser überflutet. Da die Überflutungshäufigkeit landeinwärts geringer wird (wegen zunehmender Höhe), nimmt auch der Salzgehalt im Boden ab, wodurch sich in der Salzwiese an bestimmte Salzgehalte angepasste Pflanzengesellschaften in einer charakteristischen Zonierung ausbilden:
- Quellerzone
- Andelzone
- Rotschwingelzone
- Dünen
Wenn sich im Watt eine Sandbank gebildet hat, die hoch genug ist, um Pflanzen Lebensraum zu bieten, beginnt die Dünenbildung. Die Pflanzen verankern sich mit ihren Wurzeln im Sand. Die Erosion des Sandes wird dadurch verhindert und die Sedimentation wird unterstützt. So wächst die Düne immer höher und kann bald, weil sie seltener überflutet wird, immer mehr und auch empfindlichere Pflanzen aufnehmen.
Salzwiese direkt am Übergang zum Watt (Quelle: http://de.wikipedia.org)
Fauna und Flora
Das Wattenmeer ist ein sehr spezieller Lebensraum, da sich die Tiere und Pflanzen an die extremen Bedingungen anpassen müssen. So leben die meisten Tiere notgedrungen im Boden. Sie schützten sich so vor Fressfeinen, Verdriftung und Austrocknung. Daher leben im Boden nicht nur die Wattwürmer sondern auch die meisten Muscheln.
Wattwurmhaufen (Quelle: http://de.wikipedia.org)
Doch auch auf der Salzwiese leben über 1500 kleine, wirbellose Tierarten. Im Frühjahr und im Herbst rasten zahlreiche Vögel, um sich Fettreserven anzufressen und um ihre Jungen auszubrüten. Natürlich gibt es auch Säugetiere im Watt. Dies sind z.B. Kegelrobben und Seehunde. Bei Niedrigwasser kann man sie in großer Zahl auf Stränden beobachten. Auch die Flunder zählt zu den typischen Wattbewohnern. Die meisten als menschliches Nahrungsmittel interessanten Fische verbringen jedoch nur Teile ihres Lebens im Watt – während bestimmter Entwicklungsstadien, Jahreszeiten oder kurzzeitig während des Hochwassers.
Flunder, Plattfisch (Quelle: http://de.wikipedia.org)
Zur Regulation des Salzhaushaltes haben die Pflanzen verschiedene Mechanismen entwickelt. Trotzdem nimmt die Pflanzenvielfalt zu, je näher man an Land kommt, da die Salzkonzentration geringer wird.
Fast alle Pflanzen des Watts sind Algen. Die Mikroorganismen bilden als Primärproduzenten eine wesentliche Existenzgrundlage für das tierische Leben im Watt.
Lagert sich im Laufe der Zeit so viel Schlick ab, dass der Boden nicht mehr bei jedem Hochwasser überflutet wird, haben auch die Salzwiesenpflanzen eine Chance, wie z.B. der Queller, das Schlickgras und der Strandflieder.
Strandflieder (Quelle: http://de.wikipedia.org)
Gefährdungen
Das Wattenmeer ist durch eine Vielzahl von Problemen stark bedroht. Die Nationalparke können zwar einige Schäden abwenden, doch ein vollständiger Schutz ist damit nicht gegeben.
Die Umweltverschmutzung ist das Hauptproblem. Auch heute gibt es noch Länder, die die Nordsee als kostenlose Mülldeponie benutzen. Außerdem bringen viele Flüsse, die in die Nordsee fließen verschiedene giftige Stoffe mit, die im Inland aufgenommen wurden. Ein anderes Problem stellt der Küstenschutz dar, da dafür Deiche auf den Salzwiesen gebaut werden. Auch die Landwirtschaft trägt dazu bei, da immer noch viel Kunstdünger benutzt wird. Das umstrittenste Problem ist jedoch der Tourismus. Denn dieser ist die Haupteinnahmequelle der Küstenbewohner, doch er trägt auch deutlich zur Gefährdung des Wattenmeeres bei.
Quellen und Links
Bücher
Jedicke, L. und Jedicke, E.: Das Watt - neu entdecken, Landbuch-Verlag, Hannover 1991.
Stock, Martin u.a.: Watt – Lebensraum zwischen Land und Meer, Verlag Boyens & Co., Heide 1995.
Quedens, Georg: Das Wattenmeer, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 1994.
Internetseiten
Das Wattenmeer auf Nordwest.net
Das Wattenmeer auf den Seiten des WWF
Umweltlexikon des Katalyse-Instituts für angewandte Umweltforschung in Köln: Wattenmeer
Nationalpark Wattenmeer - Info auf www.cuxhaven.org
Wattenmeer auf Planet-Wissen.de
Ökosystem Wattenmeer von Andrea Knor auf den Seiten der Universität Düsseldorf
Artikel auf Wikipedia: